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Innerhalb
dieser Zeit ging es mit den
Vogelzahlen nochmals richtig nach unten. 2017 markiert bislang den
absoluten Tiefpunkt dieser Entwicklung in Frankreich. Einzelne
Ausreißer nach unten lassen sich noch mit schlechtem Wetter
oder
anderen Einflüssen erklären. Doch langfristig
betrachtet müssen landwirtschaftsimmanente Faktoren
verantwortlich sein. In den Fokus rücken dabei wieder
einmal Pestizide. 75 000 Tonnen Pflanzenschutzmittel
versprühen Landwirte mittlerweile jährlich auf den
Feldern oder
präparieren damit ihr Saatgut. Die Vögel sterben
daran nur selten
direkt, doch beeinflussen die Substanzen ihre Gesundheit direkt und
indirekt – und vernichten ihre
Nahrungsquellen.
Im Verdacht steht weniger das
Glyphosat, das meist im Mittelpunkt der Pestiziddiskussion steht.
Stattdessen richten die Ökologen ihr Augenmerk erneut auf die
Neonicotinoide, eine hochaktive Substanzklasse, die die Weiterleitung
von Nervenreizen blockiert und sehr selektiv auf Insekten wirkt. Ihr
Verbrauch in der EU nimmt seit den 1990er Jahren kontinuierlich
zu –
parallel zur beschleunigten Abnahme der Vögel.
Pestizide
als Auslöser?
Auch wenn der endgültige Beweis noch
nicht erbracht ist, so zeigen doch viele Studien, dass die
Neonicotinoide Bienen, Hummeln und Wildbienen schädigen. Tests
an
Vögeln hatten auch gezeigt, dass diese Pestizide die Tiere
schwächen, sie antriebslos machen und ihnen die Orientierung
erschweren. Und natürlich reduzieren die Pflanzenschutzmittel
ganz
allgemein die Zahl der Insekten in der Feldflur –
das ist
schließlich ihre Aufgabe.
Die weitaus meisten Vogelarten sind
jedoch zumindest während der Jungenaufzucht auf
Insektennahrung
angewiesen. Fehlt diese, kommt weniger und schwächerer
Nachwuchs
hoch: Der Bestand schrumpft. Leider gibt es nur wenige Daten, wie
sich die Insektenzahlen in der Feldflur tatsächlich
entwickeln –
sieht man einmal von der in der Diskussion stehenden Arbeit Krefelder
Entomologen ab. Sie hatten ermittelt, dass in Naturschutzgebieten
Nordwestdeutschlands die Zahl der Fluginsekten um mehr als
75 Prozent
abgenommen hat. Eine belegte Ursache konnten sie nicht angeben, doch
liegt der Verdacht auch hier nahe, dass die Landwirtschaft damit zu
tun hat: Die Naturflächen lagen inmitten der Feldflur und
wurden
dementsprechend beeinflusst. Und eine Studie in den USA hat
angesichts bestimmter Marker im Gefieder von lebenden Tieren und
Museumsexemplaren festgestellt, dass die Zahl großer Insekten
seit
Jahrzehnten massiv zurückgegangen sein muss.
Monotonisierung
der Landschaft
Bei den Pestiziden darf die Diskussion
jedoch nicht stoppen. Prinzipiell hat die Kulturlandschaft in den
vergangenen Jahrzehnten an Vielfalt verloren, auch noch lange nach
der Flurbereinigung. Heute wird oft bis direkt an den Feldweg
geackert, gedüngt und gemäht; "bunte" Feldraine haben
heute Seltenheitswert. Gülle und Kunstdünger haben
dafür gesorgt,
dass in Wiesen und Feldern deutlich weniger Wildkräuter
wachsen, die
ebenfalls als Insektennahrung dienen oder den Vögeln wertvolle
Sämereien liefern.
Hecken waren früher ein markanter
Bestandteil der Feldflur; sie wurden rigoros abgeholzt und
zurückgestutzt, weil sie das Bearbeiten erschwerten. 2009 hat
die EU
zudem die Flächenstilllegung abgeschafft: Millionen Hektar
Agrarland
wurden wieder in die intensive Bewirtschaftung genommen, so dass
diese Ersatzlebensräume für Insekten und
Vögel erneut
verschwanden. Vielfach wachsen heute intensiv bewirtschaftete
Energiepflanzen wie Mais oder Raps auf diesen
Flächen – deren
Saatgut wiederum häufig mit Neonicotinoiden gebeizt wird,
womit sich
der Kreis schließt.
Dabei
ist eine Umkehr möglich!
Und
auch viele Landwirte würden dies wohl befürworten.
Wie das gehen
kann, zeigt etwa die "Hope Farm" in Großbritannien.
Sie wird konventionell bewirtschaftet und soll Profit bringen.
Gleichzeitig ist eines ihrer Hauptziele auch, die Vielfalt der
Agrarlandschaft zu bewahren. Nach zehn Jahren zeigt sich, dass dies
in Einklang gebracht werden kann: Die meisten Schlüsselarten
haben
in diesem Zeitraum gegen den allgemeinen Trend zugenommen. Und auch
hier zu Lande zeigen Ansätze wie das "Lerchenfenster"
(eine Aussparung im Acker für Feldlerchen), "ein Meter
für den
Stieglitz" (bunte Feldstreifen als Nahrungsquelle) oder
Wiesenbrüter-Schutzprojekte, dass Landwirtschaft und
Artenvielfalt
kein Widerspruch sein müssen. Aber es ist noch viel zu wenig.
Der
stumme Frühling droht erneut real zu werden.
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