Bericht aus der OSTSEE-ZEITUNG vom 14.Januar 2014 Seite 6 |
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Bei vielen Vogelarten im Nordosten gibt es dramatische Einbrüche. Von Axel Meyer Rostock – Dramatische Rückgänge bei Spatz & Co.: Die Anzahl der schwarz- grau-braunen Piepmätze ist im Nordosten massiv gesunken – teils um mehr als 80 Prozent im Vergleich zu 2003. Das Schicksal erleiden derzeit Vogelarten wie Feldlerche, Wiesenpieper sowie Haus- und Feldsperling. Sie stehen jetzt allesamt auf der noch unveröffentlichten „Roten Liste der Vögel für Mecklenburg-Vorpommern 2014“. Den Hauptgrund für den Schwund sehen Ornithologen im zunehmenden Anbau von Raps und Mais. Die Anbaufläche der meist zur Energiegewinnung verwendeten Pflanzen hat sich im Nordosten massiv ausgeweitet. Das Problem: „Auf diesen Flächen finden die Vögel keine Plätze zum Nisten mehr“, sagt der Vorsitzende der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Mecklenburg- Vorpommern (OAMV), Klaus-Dieter Feige. Zudem verlieren etwa Haussperlinge, landläufig Spatzen genannt, zunehmend ihre Nistmöglichkeiten in alten Gemäuern oder Ställen, da viele Gebäude saniert werden. Auch geht der Anbau von |
Pflanzen
zurück,
die die Vögel als Nahrung nutzen können, etwa die Kleeart
Luzerne.
„Das ist eine bedenkliche Entwicklung für einige
Vogelarten“, sagt der
Vize-Vorsitzende der OAMV, Dietrich Sellin. Für die
Bestandserfassung haben die Ornithologen über einen längeren
Zeitraum sogenannte Brutvogelkartierungen
vorgenommen. Dabei beobachteten die Experten, wie viele Tiere der
jeweiligen Arten in bestimmten Gebieten vorkommen und rechneten die
Ergebnisse auf ganz MV hoch. „Den Erhebungen liegen also reale
Feldbeobachtungen zugrunde und nicht nur Schätzungen“,
betont Sellin.
Da es dennoch nicht möglich sei, hundertprozentige Angaben zur
Population zu treffen, wird die Anzahl der Brutpaare in Spannen
angegeben. Und diese Zahlen dokumentieren drastische Rückgänge: So hat sich das Aufkommen des Haussperlings seit der Veröffentlichung der letzten Roten Liste vor etwa zehn Jahren von damals 500 000 bis 600 000 Brutpaaren auf 82 000 bis 115 000 reduziert. Damit gilt der Spatz jetzt als „gefährdete“ Art. Äußerst besorgniserregend ist auch die Entwicklung der Feldlerche: Galt der Singvogel vor zehn Jahren mit 600 000 bis eine Million Brutpaaren noch als eine der häufigsten Brutvogelarten in MV, ging der Bestand auf nur noch 150 000 bis 175 000 zurück. Den aktuellen Stand der Roten Liste wird Sellin am Samstag auf der OAMV-Versammlung in Güstrow (Landkreis Rostock) vorstellen. Die endgültige Liste soll im Laufe des ersten Halbjahres 2014 veröffentlicht werden. Es ist nach 1994 und 2003 die mittlerweile dritte Erhebung der Vogelbestände in MV. Nach Angaben des Vereins-Vorsitzenden Feige wächst die Gemeinschaft der Vogel-Freunde im Nordosten wieder leicht an. Derzeit beschäftigen sich mit der Erforschung und dem Schutz der Vogelwelt rund 1500 Hobby-Ornithologen, von denen etwa 450 Mitglieder in der Arbeitsgemeinschaft sind. „Wir freuen uns über ein wachsendes Interesse – auch bei jüngeren Leuten“, betont Feige. Als Gründe dafür sieht er unter anderem medienwirksame Aktionen wie „Vogel des Jahres“ oder die Aufrufe zu Zählungen von Spatzen, Ohrentauchern & Co. Insgesamt attestieren die Ornithologen dem Nordosten die größte Vogel-Vielfalt in Deutschland. Rund 450 verschiedene Arten sind an der Ostseeküste und im Binnenland zu beobachten, von denen etwa 200 Vogelarten auch in Mecklenburg-Vorpommern brüten. |