von Edwin Sternkiker

In der OSTSEE-ZEITUNG (Ausgabe Ribnitz-Damgarten vom 24.September 2014 Seite 10) wurde 20 Jahre nach dem Abzug der sowjetischen Gardeflieger von der Halbinsel Pütnitz unter dem Titel „Pütnitz unterm Sowjetstern“ in einer zehnteiligen Folge an die militärische Nutzung des Flugplatzes erinnert. Im letzten Teil wird u.a. berichtet, wie nach Abzug der letzten Garnisonsangehörigen über 250 herrenlose Tiere, die noch auf Pütnitz lebten versorgt und vermittelt werden mussten.

Bericht aus der OSTSEE-ZEITUNG
Bildunterschrift:
 Die von den Offiziersfamilien zur Ausstellung der veterinärmedizinischen Bescheinigungen mitgebrachten Tiere wurden von einem Tierazt untersucht.
                                                                            Foto: Hannelore Schinkowsky                        
                                                            

„Russenkatzen“ hielten Tierschutzverein auf Trab

Nach Abzug der Garnisonsangehörigen mussten über 250 herrenlose Tiere, die auf Pütnitz       lebten, versorgt und vermittelt werden.

Pütnitz – Zu den vielen Problemen, die mit dem Abzug der Garnisonsangehörigen verbunden waren, gehörte die Frage: Wohin mit den vielen Haustieren?
Hannelore Schinkowsky, die Frau der ersten Stunde im Tierschutz unserer Region, erinnert sich:

Unmittelbar nach der Wiedervereinigung gab es plötzlich sehr viele herrenlos herumstreunende Tiere; insbesondere eine sich stark vermehrende Katzenpopulation, die zu verwildern drohte. Viele Menschen verließen damals unser Bundesland und setzten ihre Tiere einfach aus. Selbst Hunde wurden irgendwo angebunden und zurück gelassen. Die Tiere mussten von der Straße geholt und vorübergehend untergebracht werden. Deshalb wurde im September 1990 auf Initiative von Herrn Kai der Tierschutzverein „Tierhof Ribnitz-Damgarten“ gegründet und in Freudenberg ein Tierheim als Auffangstation aufgebaut.
Nach Abzug der Garnison 1994 aus Pütnitz erhielten wir Kenntnis, dass in diesem riesigen militärischen Sperrgebiet eine große Anzahl unkastrierter Tiere, vor allem Katzen lebte, die von den Soldaten liebevoll umsorgt und vom kärglichen Proviant mit versorgt worden waren. Offiziere hatten Hunde gehalten, die sie fast alle mitgenommen hatten. Die dort verbliebenen Tiere durften keinesfalls sich selbst überlassen werden. So schrieben wir Hilfegesuche an die Behörden bis hin zum ehemaligen Ministerpräsidenten. Daraufhin wurde uns der Zutritt auf das Gelände ermöglicht. Leider erhielten wir von keiner Stelle eine finanzielle Unterstützung. Die verbliebenen 250 Katzen wurden auf dem Gelände vorerst täglich mit Futter versorgt, um sie in einem guten Gesundheitszustand vermittelbar zu halten. Die verbliebenen zwölf Hunde nahmen wir in unser Tierheim zur Vermittlung auf.
Als Nachhut lebten noch einige Offiziere mit ihren Familien auf dem riesigen Gelände. Viele von ihnen hatten den Wunsch, Katzen in ihre ungewisse neue Heimat mitzunehmen. Dazu waren aber tierärztliche Atteste erforderlich. Auch hier war unsere Hilfe notwendig. Ein Tierarzt aus Ribnitz-Damgarten wurde geholt, um die Tiere zu untersuchen und die erforderlichen Papiere auszustellen. Offiziersfrauen und Kinder brachten die Tiere, die sie mit nach Hause nehmen wollten, zum „Feldtierarzt“.
Die Kosten für die medizinische Behandlung wurden von unserem Verein übernommen. Einige der 250 Katzen vom Pütnitzer Gelände nahmen wir gleich zur Vermittlung in unserem Tierheim in Freudenberg auf. Offiziersfrauen und Kinder waren bei diesen Transporten dabei und vergewisserten sich vor Ort in Freudenberg, dass die Tiere gut untergebracht wurden.
Aber wohin mit den vielen anderen Katzen?
Wieder starteten wir Hilferufe. Diesmal an Tierschutzvereine in den alten Bundesländern, auch über Radio! Viele Tierheime aus dem „Westen“ haben reagiert und uns die „Russenkatzen“ abgenommen. Für diese Hilfe sind wir heute noch dankbar. Alle Transporte wurden tierärztlich überwacht, dokumentiert und mit dem Zusatz „Nicht für Tierversuche“ versehen.
1996 mussten wir unser Tierheim in Freudenberg an den Grundstücksbesitzer übergeben. 
Bis dahin hatten wir über 2000 Katzen und Hunde aufgenommen und vermittelt. Tierhof Ribnitz e.V. wurde aufgelöst und Naturtierheim-Ostsee Mecklenburg-Vorpommern  als Nachfolge-Tierschutzverein gegründet. Seit dem sind wir in ganz Mecklenburg-Vorpommern im Tier-, Natur- und Artenschutz ohne eigenes Tierheim aktiv tätig.